Myopie-Management neu in der Grundversicherung

Die Schweiz ist eines der ersten Länder, welches das Myopie-Management in die Pflichtleistungen der Krankenkassen- Grundversicherung übernimmt. Seit 1. Juli 2024 sind Patienten mit fortschreitender Kurzsichtigkeit bis zum Alter von 21 Jahren berechtigt, jährliche Beiträge von der Grundversicherung zu erhalten. Profitieren können Betroffene, die ohne Bekämpfung der Kurzsichtigkeit ein höheres Risiko für spätere Netzhautprobleme entwickeln würden. Definiert wird dies über das Risiko, hoch myop zu werden oder bereits zu sein und dem Vorliegen einer nachweisbaren Myopie-Progression von mindestens 0.50 Dioptrien pro Jahr. Eine hohe Myopie ist definiert als grösser als -5.00 Dioptrien oder durch eine überdurchschnittliche axiale Augenlänge gemäss aktuellen Wachstumstabellen.

Zur Auslösung der Versicherungsleistung erforderlich ist eine augenärztliche Verordnung bei fortschreitender Myopie, welche auch die aktuelle Augenlänge, den Grad der Myopie und den Nachweis der Progression belegen muss. Das folgende Myopie-Management inklusive Festlegung der Behandlungsart (geeignete Kontaktlinsen oder Brillengläser), die Überprüfung der Wirksamkeit der Produkte sowie die allfällige Anpassung der Strategie kann durch Optometristinnen und Optometristen selbständig erfolgen. Dieses Vorgehen orientiert sich an anderen abrechenbaren Leistungen der MiGel-Liste wie der Versorgung bei irregulärem Astigmatismus, Keratokonus, etc., die eine ärztliche Verordnung erfordern und bei denen Fachpersonen der Optometrie die idealen Produkte anpassen.

Damit Myopie-Kontrolle erfolgreich durchgeführt und abgerechnet werden kann sind wir auf eine gute Zusammenarbeit und dementsprechend einem guten Verhältnis mit Augenärzten angewiesen. Das wird insofern ein gewisses Fingerspitzengefühl erfordern, als von Augenärzten naturgemäss die Therapie mit Atropin gefördert wird. 

In einer ersten Stellungnahme der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft (SOG) zur Prophylaxe und Therapie von Myopie im Jugendalter werden die verschiedenen Therapie-Varianten beschrieben. Dabei wird die Therapie mit Atropin in Kombination mit Brillengläsern am stärksten favorisiert. Trotz der erwähnten Studien zur Wirksamkeit von Atropin, bestehen meines Wissen noch keine Langzeitstudien, die diesen Einsatz über einen Zeitraum von 10-15 Jahren beobachtet haben.
Leider wird beim Einsatz von Kontaktlinsen in der Stellungnahme vor allem auf mögliche Komplikationen hingewiesen. Das hat vermutlich zwei Hintergründe: Einerseits sehen die Augenärzte Kontaktlinsenträger in der Regel nur, wenn grössere Komplikationen auftreten und anderseits wird bei der Empfehlung von Kontaktlinsen die Therapie von den Ärzten gefühlsmässig aus den Händen gegeben

Wir sollten den Fokus auf neue Chancen in der Zusammenarbeit legen: 

Wir stehen am Anfang einer neuen Zusammenarbeit mit den Augenärzten und treffen vor allem bei jüngeren Augenärzten auf Anerkennung unserer optometrischen Ausbildung und Kompetenz. Ich bin optimistisch, dass ein gegenseitiges sich Annähern in Zukunft überzeugen und in verschiedenen Bereichen der Augengesundheits-Vorsorge Früchte in der Zusammenarbeit tragen wird.

Gerade bei der Myopie-Kontrolle, die ein neues Zusammenabeitsfeld eröffnet, sehe ich gute Chancen um im Bereich der Erfassung biometrischer Daten der Augen, Verlaufskontrollen und Dokumentation unsere Kompetenz einzusetzen und damit zu überzeugen.

Stefan Frei

Quellen: SOG und Optik Schweiz

Link zur Stellungnahme der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft (SOG) zur Prophylaxe und Therapie von Myopie im Jugendalter: Hier klicken!